Lifestyle
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Sexy, schlank, muskulös

Sie heißen Super Lover, AppuLoss, Crack, Vialapil oder AnaPhen Hardcore und versprechen phänomenale Dinge...

Endlich abnehmen im Handumdrehen, Sex bis zum Abwinken und Muckis in Nullkommanichts, die jeden Konkurrenten wie ein schlaffes Hemd aussehen lassen. Sind Nahrungsergänzungsmittel aus dem Internet so gefährlich, wie sie zum Teil klingen? Ja, ergab ein Marktcheck des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), der Nahrungsergänzungsmittel (NEM) unter die Lupe genommen hatte. Getestet wurden Produkte für Anti-Aging, Potenzmittel, Schlankheitsmittel und Präparate für Freizeitsportler. NEM sind definitionsgemäß Lebensmittel, die die normale Ernährung ergänzen sollen. Sie müssen nicht wie Medikamente zugelassen werden. Und sie sind beliebt bei den Deutschen, obwohl sie besonders oft illegal gehandelt werden und mit Wirkstoffen versetzt sind, die nicht auf der Packung stehen. Ein Großteil der Bundesbürger findet nämlich, ihr Ernährungsstil lasse zu wünschen übrig. Oder ihre Potenz. Oder beides. Ausgleichen wollen sie das Defizit über NEM, die sie sich oft online mit einem Mausklick besorgen – schnell, anonym und billig. Stolze 150 bis 170 Millionen Euro betrage der Umsatz mit Nahrungsmitteln im Internet pro Jahr, berichtet das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Tendenz steigend. Laut einer Online-Befragung des Marktforschungsinstituts IPSOS kauft knapp jeder zweite Deutsche (47 Prozent) mehrmals im Monat Nahrungsmittel, die einen gesundheitlichen Zusatznutzen versprechen.

 

„Ergebnis ist abenteuerlich“

Die Verbraucherschützer wollten wissen, wie oft Kunden, die bewusst natürliche Alternativen zu Medikamenten suchen, illegale Arzneistoffe untergeschoben bekommen. Die meisten Verbraucher gingen nämlich davon aus, dass Natürliches auch gesundheitlich unbedenklich sei. Für ein Schlankheitsmittel wirbt etwa ein Hersteller mit dem Slogan „100 Prozent Natur! Keine Arznei, keine Nebenwirkungen!“ Die Tester kauften deshalb ausschließlich Produkte, die den Zusatz „pflanzlich“ oder „natürlich“ auf der Packung trugen. Bestellt wurde bei ausländischen Anbietern und bei deutschen Webangeboten wie ebay oder amazon. „Das Ergebnis war abenteuerlich“, findet Projektleiterin Angela Clausen. “Jedes dritte exotische Power-, Potenz- und Schlankheitsmittel enthielt illegale und hochgradig gesundheitsschädliche Substanzen.” 64 von 70 untersuchten Produkten (91 Prozent) seien aufgrund der verschiedensten Verstöße in Deutschland überhaupt nicht verkehrsfähig. Bei den Schlankheitsmitteln waren es sogar 100 Prozent.

 

Nicht drin, was drauf steht

Alle Produkte wurden als Nahrungsergänzungsmittel verkauft, damit dürfen sie keine pharmazeutisch wirksamen Arzneistoffe enthalten. Trotzdem wiesen die Verbraucherschützer in 13 von 21 Schlankeitsmitteln (61,9 Prozent) und in 8 von 13 Potenzmitteln (61,5 Prozent) Arzneistoffe nach, die zum Teil sogar verboten sind. Der Wirkstoff Subutramin steckte in einem Mittel zum Abspecken, die Substanz Tadalafil in einem pflanzlichen Mittel zur Stärkung der Manneskraft . 22 Produkte enthielten neuartige Lebensmittelzutaten, die in Europa überhaupt nicht zugelassen sind. Und in 19 Prozent der Sportlerprodukte waren Stimulanzien wie Ephedrin oder Amphetamin nachweisbar.

Ein weiteres Problem war die Kennzeichnung der Produkte. Geprüft wurden insgesamt 47 Proben. Mehr als 36 Prozent der Produkte wiesen gravierende Kennzeichnungsmängel oder eine irreführende Packungsgestaltung auf. Besonders hoch (mit knapp 67 Prozent) war die Quote bei den Schlankheitsmitteln. Es fehlten Warnhinweise oder Angaben zur täglichen Verzehrmenge. Und wenn, dann waren die Hinweise oft in einer fremden Sprache aufgedruckt, und damit für viele wohl nicht verständlich.

Auch auf den Internetseiten, auf denen die Produkte bestellt wurden, fanden die Tester erhebliche Mängel. Auf einigen Seiten wurden gefälschte Gütesiegel, zum Beispiel der Stiftung Warentest, Weltgesundheitsorganisation WHO, TÜV, DocCheck oder falsche Apothekenzeichen entdeckt.

 

Ilse Aigner soll ran!

Jetzt ist wieder einmal der Gesetzgeber gefragt. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner müsse die Zügel bei der Neuordnung der Lebensmittelüberwachung anziehen, fordert der vzbv. “Eine Neujustierung der Lebensmittelüberwachung, weg von der föderalen Kleinstaaterei, ist überfällig”, sagt vzbv-Vorstand Gerd Billen. Massive Kontrolldefizite gibt es vor allem im Internet. Auch der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure schlägt Alarm. “Jeden Tag tauchen neue Firmen mit neuen und dubiosen Produkten im Internet auf”, berichtet der Bundesvorsitzende Martin Müller. Bei der Überwachung des Internets seien die Gewerbeämter hoffnungslos überfordert, was man sich gut vorstellen kann. Viele Produkte rutschten so durch das Kontrollsystem. Man müsse zusäztlich 1500 Lebensmittelkontrolleure einstellen. „Personell, apparativ und strategisch muss dringend nachgebessert werden“, so Müller. Sonst sei die Aufgabe vor Ort nicht zu meistern.

 

Durchgebrannte Schutzsicherungen

Warum tun die Bundesbürger das? Sind sie Gefahrensucher? Was motiviert sie? Oder sind sie sich der Risiken schlichtweg nicht bewusst? In Umfragen gingen die Tester  diesen Fragen auf den Grund. Die Nutzer wissen genau, was sie tun und nehmen gesundheitliche Gefahren in Kauf. Die einen wollen endlich leicht und einfach abnehmen, für andere gehören Sport und Nahrungsergänzung einfach zusammen, und Männer, die Potenzmittel bestellen, lieben es schnell, anonym, kostengünstig und nebenwirkungsfrei. Vordergründig könnten die meisten Nutzer schwarze und weiße Schafe unterscheiden. Andererseits schreiben die Tester: “Passt ein Mittel in die geheime Logik des Verbrauchers, scheinen sämtliche Schutzmechanismen auszusetzen.” Leidensdruck und Sehnsüchte machen offenbar anfällig. Sehr anfällig. (Quelle: netdoktor.de)

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