Mann
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Sex oder Leben

In puncto Lebenserwartung schwächelt das starke Geschlecht: Männer sterben im Schnitt früher als Frauen. Ein Grund ist das kräftezehrende Ringen um Sex, mutmaßen Forscher. In Härtefall helfen Männern nur noch gute Gene.

Mann sein ist nicht unbedingt ein Zuckerschlecken: Das übergeordnete biologische Lebensziel, nämlich Nachwuchs zu produzieren, verlangt auch ihnen einiges ab. Starke, dominante Männchen schlagen ihre Nebenbuhler aus dem Feld und punkten bei den Damen. Das ist nicht nur im Tierreich so.


Geraubte Lebenskraft
"Der Preis der Fortpflanzung ist hoch", berichtet Prof. Walter Arnold von der Universität Wien im Gespräch mit NetDoktor. Im Schnitt leben Männer kürzer als Frauen. In Deutschland sind das derzeit immerhin fünf Jahre. Forscher führen das darauf zurück, dass Männer um der Fortpflanzung willen aggressiver und risikobereiter agieren. Das ist gefährlich, kostet Kraft und Lebenszeit. In welchem Maße, darüber entscheiden auch bestimmte Genvarianten mit, zeigt sich nun.


Arnold hat genau letztere untersucht. Und da der Wiener Forscher nicht Humanmediziner, sondern Biologe ist, hat er dazu Tiere ins Visier genommen - in diesem Fall Gämsen. In einer Langzeituntersuchung wertete der Wissenschaftler gemeinsam mit seinem Team Erbgut und Lebenserwartung verschiedener Populationen in den österreichischen Alpen aus.
In der freien Wildbahn werden die krummgehörnten Kletterkünstler bis zu 20 Jahre alt. Das gilt allerdings nur bedingt für Alpenregionen, in denen viele Tiere mit Räude befallen sind, einer parasitären Hauterkankung, welche die Tiere entkräftet. Interessanterweise kostet sie vor allem fortpflanzungsfähigen Männchen häufig das Leben, fanden die Forscher. Offenbar machte den Böcken die parasitäre Erkrankung sehr viel mehr zu schaffen als den Geißen.


Geleerte Energiespeicher

Grund dafür ist, dass der Kraftakt der Brunft viel Energie verbraucht: "Fortpflanzungsfähige Männchen hatten ihre Körperfettspeicher gegen Ende des Winters sechs Wochen eher ausgeschöpft als Weibchen und männliche Jungtiere", erklärt Arnold. "Weniger Körperfett bedeutet aber auch, dass weniger Energie für das Immunsystem zur Verfügung steht." Dann führen Infektionen, in diesem Fall mit Parasiten, schneller zum Tode.
Ein Teil der männlichen Böcke überlebte jedoch. Gute Chancen hatten Tiere mit günstigen Genen, fanden die Forscher anhand von Erbgutanalysen heraus. Die überlebenden Männchen besaßen zwei unterschiedliche Varianten eines Gens, das für bestimmte Funktionen des Immunsystems entscheidend ist. Es ist für die Produktion des Major Histocompatibility Complex (MHC) zuständig - auch beim Menschen. MHC ermöglicht es der Körperabwehr, Krankheitserreger wie Räudemilben, aber auch Viren und Bakterien aufzuspüren.
Zwei unterschiedliche MHC-Gene sind günstig, weil sie den molekularen Radar der Abwehrkräfte erweitern: Das Spektrum der aufgestöberten Krankheitserreger wird größer. Böcke mit entsprechendem Erbgut hatten somit größere Überlebenschancen und setzten sich darum in der Population stärker durch.


Erbgutvorteil im Härtetest

Interessanterweise beobachteten die Forscher diesen genetischen Trend bei den weiblichen Tieren nicht. "Zwei Varianten dieses Gens zu besitzen ist vor allem dann ein entscheidender Vorteil, wenn es hart auf hart geht", so Arnold. Ein langer Winter gekoppelt mit einer parasitären Erkrankung und einer kräftezehrenden Brunft wären ein solch extremer Härtetest. "Offenbar ist der größere Energiebedarf brünftiger Männchen nur dann problematisch, wenn ihr Immunsystem extrem gefordert ist." Und nur dann hätten Träger verschiedenartiger Gene einen deutlichen Überlebensvorteil.


Auch für den Menschen essenziell

Zwar spielen Krätze, wie Räude beim Menschen heißt, oder harte Winter für die Überlebenschancen von Menschen in Industrienationen keine entscheidende Rolle - die Schlagkraft des Immunsystems und insbesondere der MHC-Varianten aber schon. Diese machen es dem Immunsystem überhaupt möglich, sich immer wieder auf neue Versionen von Viren und Bakterien einzustellen.
Wie entscheidend MHC ist, zeigt sich sogar bei der Partnerwahl: Bei Schnuppertests bevorzugten Frauen Männer, deren MHC sich möglichst stark von dem ihren unterschied und potentiellem Nachwuchs somit eine breiter aufgestellte Abwehr bescheren könnte, berichtet Arnold. "MHC ist derzeit ein ganz heiß beforschtes Gebiet."


Arnold ist überzeugt, dass zwei genetische Varianten zu besitzen auch für Menschenmänner von stärkerer Bedeutung sein könnte als für Frauen. "Aber das zu untersuchen, müssen wir leider unseren humanmedizinischen Kollegen überlassen", sagt er. Zumindest hat er entsprechende Hinweise bereits bei sehr viel näheren Verwandten gefunden als den Gämsen - nämlich Affen. (Autorin: Christiane Fux; Quelle: netdoktor.de)

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