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Beeinflusst die Pille die Lust auf Sex?

Lustkiller Pille? Einige Frauen klagen über eine nachlassende Libido durch die Antibabypille. Eine Studie fand jedoch keine handfesten Belege für einen Zusammenhang zwischen Pille und Lust

Leidenschaftliche Lust, ohne Angst vor einer Schwangerschaft – das wünschen sich viele Frauen und Männer, wenn sie Antibabypillen einsetzen. Doch gerade diesen in Deutschland am häufigsten benutzten Verhütungsmitteln wird immer mal wieder nachgesagt, sie drosselten die Begierde. Das gab den Anstoß für die bisher größte Beobachtungsstudie zum Thema "Pille und Sex".

Dafür befragten die Unikliniken Tübingen, Heidelberg und Basel gemeinsam per Internet rund 1.000 Medizinstudentinnen zu verschiedenen Formen von Sexualstörungen und möglichen Einflussfaktoren. Das Ergebnis: Etwa ein Drittel der Frauen klagte über sexuelle Beschwerden unter der Pille. "Doch nur rund sechs Prozent berichteten über eine Verringerung ihrer sexuellen Lust", erklärt Professor Alfred O. Mück vom Institut für Frauengesundheit Baden-Württemberg an der Universität Tübingen. "Häufiger traten Beschwerden beim Orgasmus auf. Etwa neun Prozent der teilnehmenden Frauen schilderten dies." Weitere Nebenwirkungen, die die Frauen mit der Pille in Verbindung brachten, waren unter anderem mangelndes Feuchtwerden der Scheide, Schmerzen und Probleme bei der Erregung.

Viele Dinge können die Lust auf Sex nehmen

Es sei jedoch unklar, ob die genannten Probleme tatsächlich von den Hormonen in der Pille verursacht werden, sagt Mück. "Viele Frauen scheinen primär eher eine negative Einstellung zur Verwendung von Antibabypillen zu haben. Sie nehmen sie als notwendiges Übel und verbinden damit häufig Nebenwirkungen wie zum Beispiel Müdigkeit, Depressionen, Übelkeit und eine Gewichtszunahme." Diese könnten zwar teilweise unter der Pille auftreten, hätten aber oft mehrere Ursachen. Gleiches vermutet Mück für das Lustempfinden. "Betrachtet man alle entsprechenden Studien, wirken Hormone in höchstens zehn Prozent der Fälle lustmindernd", resümiert der Gynäkologe.

Außer der Pille beeinflussen auch zum Beispiel Stress, die Beziehung zum Partner und ein Kinderwunsch die Libido von Frauen, wie die Untersuchung der drei Unikliniken zeigte. "Der Orgasmus entsteht aus dem Zusammenspiel vieler einzelner Faktoren", erklärt auch Professorin Bettina Toth von der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. "Dabei sind neben hormonellen auch weitere Einflussfaktoren wie kultureller Hintergrund, Sexualaufklärung, organische Gegebenheiten und vieles mehr mitentscheidend."

Wechsel des Verhütungsmittels

Steht eine Minderung der Lust tatsächlich mit der Einnahme einer Antibabypille in Verbindung, zeige sich dies etwa nach drei Monaten, sagt Mück. "Gleichzeitig kommt es dann zu anderen Hormoneffekten wie etwa einer Gewichtszunahme, Müdigkeit, depressive Verstimmungen oder migräneartige Beschwerden." In so einem Fall rät der Frauenarzt zum Wechsel auf ein anderes Verhütungsmittel – zum Beispiel eine Spirale. Mück: "Eine Kupferspirale enthält keine Hormone und verhindert eine Schwangerschaft sicherer als viele andere nicht-hormonelle Verhütungsverfahren wie zum Beispiel die Schleimbeobachtung und Temperaturmessung."

Kondome verhüten Schwangerschaften zwar auch unsicherer als Antibabypillen, haben aber den Vorteil, dass sie vor sexuell übertragbaren Krankheiten wie HIV, Tripper oder Pilzinfektionen schützen können – wenn auch nicht zu hundert Prozent. Eine wichtige Rolle spielt hier das richtige Benutzen von Kondomen. Dazu gehört, Latexkondome nicht mit öl- oder fetthaltigen Gleitcremes zu benutzen – sie machen Latex brüchig. Eine Alternative sind zum Beispiel wasserlösliche, fettfreie Gleitmittel.

Frauen, die auf die Verhütungssicherheit der Pille nicht verzichten wollen, sollten versuchsweise die Sorte wechseln, empfiehlt Professor Mück. "Man kann ausprobieren, ob eine Antibabypille mit einem anderen Gestagen weniger Beschwerden macht." Alternativ zur Pille käme auch ein Hormonpflaster oder ein Vaginalring infrage. Was im individuellen Fall am besten geeignet ist, lässt sich mit dem Frauenarzt oder der Frauenärztin klären.

Hormoneffekte bislang nicht nachgewiesen

Forscher tappen noch im Dunkel, ob und wie die Hormone in Antibabypillen die Begierde beeinflussen. Die meisten Präparate kombinieren Östrogen und Gestagen, das dem natürlichen Hormon Progesteron ähnelt und entscheidend für die Verhütung einer Schwangerschaft ist. Zur Überraschung der Studienmacher scheint die Pillensorte jedoch egal zu sein. "Wir konnten keine relevanten Unterschiede zwischen den Pillen hinsichtlich der untersuchten sexuellen Funktionen feststellen", berichtet Mück.

Dabei hatten die Wissenschaftler vermutet, dass Antibabypillen, die viel von dem weiblichen Hormon Östrogen enthalten, die Lust eher senken. "Das Östrogen induziert in der Leber ein Eiweiß, welches das männliche Hormon Testosteron im Blut bindet und damit dessen Wirkung blockiert", erläutert der Mediziner. Das beeinflusst die Libido. Denn Testosteron ist wichtig für sexuelle Lust. Wenig Testosteron führt eher zu Lustlosigkeit, viel Testosteron kurbelt die Begierde tendenziell an. Auch verschiedene Gestagene beeinflussten die Lust der Studienteilnehmerinnen in Tübingen, Heidelberg und Basel nicht negativ.

Mück: "Wir konnten keinen Zusammenhang nachweisen zwischen wenig Lust auf Sex und den Hormonen Gestagen und Östrogen." Es könne allerdings sein, dass die Zahl der Teilnehmerinnen insgesamt zu klein war, um statistisch Unterschiede berechnen zu können, räumt der Experte ein. Deshalb wollen die Wissenschaftler ihre Untersuchung auf sechs Unikliniken ausweiten und insgesamt 5.000 Frauen befragen. Mit ersten Ergebnissen rechnet Mück in ungefähr zwei Jahren.

(Quelle: gesundheitpro.de)

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