Allgemeine Information
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Dr. Christian Leiber

Wenn Testosteronmangel die Energie raubt...

Das Sexualhormon hilft Männern, fit, gesund und sexuell aktiv zu sein.

Im großen Interview erklärt ISG-Vorstand Dr. Christian Leiber, wie man einen Mangel erkennt und für wen eine zusätzliche Gabe sinnvoll ist

ISG: Welche Funktion hat Testosteron eigentlich genau?

Dr. Leiber: Testosteron ist das zentrale männliche Sexualhormon – aber es nimmt durchaus nicht nur auf die Sexualfunktionen Einfluss. Männer mit Testosteronmangel haben zwar meist tatsächlich eine eingeschränkte Libido, sprich: ein verringertes sexuelles Verlangen, mehr oder weniger ist aber der ganze Körper davon betroffen. Häufige Symptome sind ein allgemeines Nachlassen der Energie und der muskulären Kraft, Depressionen, Probleme bei der Blutbildung (Anämie) und eine Veränderung des Haarwachstums. Auch der Knochenstoffwechsel wird durch Testosteronmangel beeinträchtigt, was zu Osteoporose führen kann.

Gibt es die männlichen Wechseljahre?

Nein, es ist nicht sinnvoll, diesen Begriff auf Männer anzuwenden. Die Wechseljahre der Frau haben zwar einen Vorlauf. Im Kern handelt es sich jedoch um eine Phase von zwei bis drei Jahren, in der es zu massiven Hormonveränderungen kommt. Dieser Umschwung ist nicht auf Männer übertragbar, bei denen eine Umstellung der Hormonsituation allmählich, über 15 bis 20 Jahre hinweg, erfolgt. Auch der Begriff „Andropause“ ist falsch. Tatsächlich handelt es sich um ein Testosteronmangelsyndrom.

In welchem Alter kommt es typischerweise zu Beschwerden?

Ein behandlungsbedürftiger Testosteronmangel vor dem 40. Geburtstag ist selten. Typischerweise tritt er jenseits der 50 auf.

Testosteronmangel wird auch immer wieder in Zusammenhang mit dem sogenannten „metabolischen Syndrom“ genannt. Können das Zusammentreffen von Übergewicht, erhöhtem Blutdruck, erhöhtem Blutzuckerspiegel und einem gestörten Fettstoffwechsel durch Testosteronmangel begünstigt werden?

Ein metabolisches Syndrom kann durch Testosteronmangel begünstigt werden, allerdings ist damit nicht alles gesagt. Denn Faktoren wie Übergewicht und eine geringe Muskelmasse können wiederum den Testosteronspiegel senken. Mit anderen Worten: Habe ich einen Patienten mit 65 Jahren vor mir, der ein metabolisches Syndrom und einen niedrigen Testosteronspiegel hat, kann ich zunächst einmal nicht wissen, was davon zuerst da war. Manche dieser Patienten profitieren sehr stark von einer Testosteronzuführung – allerdings nur dann, wenn sie auch ihren Lebensstil ändern, abnehmen, mehr Fett verbrennen. Einigen von ihnen tut die Lebensumstellung so gut, dass sie irgendwann gar kein zusätzliches Testosteron von außen mehr brauchen.

Wie wird ein behandlungsbedürftiger Testosteronmangel festgestellt?

Ein Mangelsyndrom liegt vor, wenn ein Patient klinische Symptome hat. Diese werden vom behandelnden Arzt erfragt und mithilfe eines Fragebogens ermittelt. Außerdem wird der Testos - teronspiegel im Blut gemessen und so ermittelt, ob er innerhalb der üblichen Grenzwerte liegt. Dies sollte morgens geschehen, da der Spiegel dann am höchsten ist. Und wie immer sollte eine Doppelmessung durchgeführt werden, um ein sicheres Ergebnis zu erhalten. Weisen die Krankengeschichte, der Fragebogen und die Laborergebnisse in dieselbe Richtung, kann eine Testosterongabe erwogen werden.

Der Bluttest allein reicht dafür also nicht?

Unsere Leitlinien geben eindeutig vor, dass ein Testosteronmangel nur behandelt werden darf, wenn auch das subjektive Empfinden des Patienten dafür spricht. Außerdem muss der Facharzt beobachten, ob die Behandlung eine Verbesserung bringt. Sonst muss sie wieder abgesetzt werden.

Gibt es Fälle, in denen Testosteron trotz eines Mangels schaden kann?

Es gibt verschiedene Erkrankungen, bei denen der Patient ganz oder zeitweise darauf verzichten muss. Dies gilt für Männer mit Brustkrebs und für solche mit zu dickem Blut – denn Testosteron macht das Blut noch dicker. Ist die Prostata deutlich vergrößert, besteht die Gefahr, dass sie durch Testosteron noch größer wird. Auf keinen Fall dürfen Männer mit einem Prostatakarzinom Testosteron nehmen. Alle Patienten müssen vor der ersten Gabe unbedingt auf diese Krebsart untersucht werden.

Kann die Behandlung nach einer erfolgreichen Krebsbehandlung wieder fortgesetzt werden?

Dies ist nur dann möglich, wenn es sich um einen nicht-aggressiven Tumor handelt. Mit der Gabe kann ein Jahr nach der erfolgreichen OP wieder begonnen werden, falls der sogenannte „PSA-Wert“ dann nicht mehr messbar ist. Wurde der Tumor mit Bestrahlungen behandelt, muss zwei Jahre gewartet werden.

Manche Männer halten Testosteron für ein Geheimrezept, um männlicher, stärker, jünger zu werden.

Hier muss ich sehr warnen. Testosteron ist kein Lifestyle-Medikament. Und auch kein Quell ewiger Jugend: Den normalen Alterungsprozess kann es nicht aufhalten. Wer unter einem Mangel leidet, dem kann mit einer zusätzlichen Gabe geholfen werden. Aber: Wer kein Mangelsyndrom hat, wird auch keine positiven Effekte erleben. Besser als normal geht eben nicht. Bodybuilder, die mit Testosteron ihrem Muskelaufbau auf die Sprünge helfen wollen, bezahlen langfristig mit großen Gesundheitsrisiken. Schon kurzfristig bezahlen sie Überdosierungen des Hormons mit fettiger Haut und Testosteronakne, die aussieht, als seien sie wieder in der Pubertät. Einige Leistungssportler hat das Dopen mit Testosteron sogar das Leben gekostet.

 

Vielen Dank Herr Dr. Leiber!

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