Gesundheit
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Zum Glück gibt es gute neue Therapiemöglichkeiten

Frau Prof. Dr. Annette Hasenburg beantwortet in unserem Interview die wichtigsten Fragen zu gynäkologischen Krebserkrankungen

Steht das Risiko, eine gynäkologische Krebsart zu bekommen, in Zusammenhang mit dem Lebensalter? Oder sind die Wechseljahre schuld?

Mit wachsendem Alter werden Krebserkrankungen insgesamt wahrscheinlicher, nicht nur die gynäkologischen. Mit den Wechseljahren der Frau hat dies allerdings wenig zu tun. Der Grund ist vielmehr, dass die Reparaturmechanismen des Körpers an Leistungskraft verlieren.

 

Manche Frauen fürchten, dass die üblichen Vorsorgeuntersuchungen nicht ausreichen, um einen Tumor rechtzeitig zu entdecken.

Ich glaube, dass die Vorsorge im Großen und Ganzen ausreichend ist. Ein viel größeres Problem sehe ich darin, dass zu viele Frauen sie überhaupt nicht nutzen: Nur 50 bis 60 Prozent nehmen die Angebote wahr. Wichtig wäre aber auch ein Bewusstsein dafür, dass Prävention noch sehr viel mehr kann als Früherkennung.

Was genau können denn Frauen selbst tun, um sich vor gynäkologischen Krebsarten zu schützen?

Ein gesunder Lebensstil kann viel zum Gesundbleiben beitragen. Das Risiko, ein Endometrium- oder ein Mammakarzinom - also Gebärmutter- oder Brustkrebs - zu entwickeln, wächst mit steigendem Body-Mass-Index (BMI). Die wichtigsten Präventionsmaßnahmen sind deshalb regelmäßige körperliche Aktivität und das Erreichen eines normalen Gewichtes. Gleichzeitig schützt dies ja auch vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

 

Sollte sich jedes junge Mädchen gegen Gebärmutterhalskrebs impfen lassen? Oder kann dies auch Nachteile haben?

Ich halte diese Impfung für uneingeschränkt empfehlenswert. Es ist doch großartig, dass es eine Impfung gibt, mit der wir ein Karzinom verhindern können. Was viele Frauen nicht wissen: Wenn sie nicht nur mit einem Partner Verkehr haben, kann die Impfung sogar bis zum Alter von 45 Jahren sinnvoll sein. Ebenfalls neu ist, dass die Impfung nun auch für Jungen zugelassen  ist.

 

Bei welchen Symptomen sollten Frauen hellhörig werden und einen Arzt aufsuchen?

Pauschal kann man sagen: Immer, wenn Sie bei sich irgendetwas entdecken, das früher so nicht da war. Zu den typischen Symptomen gehören außerdem Verdauungsbeschwerden, Blähungen, ein dicker Bauch und zusätzliche Blutungen außerhalb des Zyklus. Auch unerklärliche Abgeschlagenheit und Müdigkeit können Warnzeichen sein.

 

Haben sich die Therapieverfahren in den letzten Jahren weiter verbessert?

Ein entscheidender Durchbruch auf dem gynäkologischen Gebiet ist die Möglichkeit, minimalinvasiv zu operieren. Für viele Eingriffe reichen heute ein paar kleine Löcher in der Bauchdecke aus. Dadurch ist die Patientin nach ein paar Tagen schon wieder auf den Beinen – früher hätte sie 14 Tage „flachgelegen“.

Und die Heilungschancen sind bei diesem Verfahren sogar genauso gut! Ein weiterer Meilenstein ist die Immunonkologie, eine Herangehensweise, die zuerst bei Haut- und Lungenkrebs eingesetzt wurde. Das Verfahren beruht darauf, dass das eigene Immunsystem dazu gebracht wird, den Tumor zu bekämpfen.

 

Wie sieht es mit der Weiterentwicklung schonender Operationsmethoden aus?

Auch hier hat sich viel getan! Es gibt neuartige Kameras, mit denen wir uns immer besser im Körper umschauen können. Wir sehen ganz genau, wo der Tumor sitzt, und verletzen keine Nerven, um an ihn heranzukommen. An einigen Kliniken – wie bei uns in Mainz – gibt es inzwischen sogar zusätzlich die Möglichkeit, mit 3-D-Kameras zu operieren. Ein entscheidender Fortschritt – schließlich ist unser Bauchraum ebenfalls ein dreidimensionales Gebilde. Wir Ärzte stehen nun also um den OP-Tisch herum und tragen Brillen wie im 3-D-Kinofilm.

Um die beste Versorgung zu bekommen, müssen Frauen sich schon eigenständig informieren. Gerade bei einem Karzinom sollte man nicht in ein kleines Krankenhaus gehen, sondern in ein Gynäkologisches Krebszentrum. Auch, wenn es vielleicht etwas weiter vom Wohnort entfernt liegt.

 

Haben Patientinnen in manchen Fällen auch verschiedene Therapieansätze zur Auswahl?

In der Tat können Frauen heute selbst mitentscheiden, welche Therapie mit welchen „Nebenwirkungen“ sie bevorzugen. So ist etwa Frauen, die sich noch einen Kinderwunsch erfüllen wollen, von einer Strahlentherapie abzuraten. Weitere Möglichkeiten sind eine Chemotherapie oder eine Operation. Auch eine Kombination verschiedener Therapieverfahren ist denkbar. Das Vorgehen wird im Gespräch von Arzt und Patientin gemeinsam besprochen.

 

Raten Sie vor Beginn einer Behandlung zum Einholen einer zweiten ärztlichen Meinung?

Auf jeden Fall, ich kaufe mein Auto ja auch nicht beim erstbesten Anbieter, sondern vergleiche vorher. Und in diesem Fall geht es um viel mehr: die Gesundheit. Auch die Krankenkassen unterstützen das Einholen einer zweiten Meinung.

 

Wann raten Sie Patientinnen, sich psychologische Unterstützung zu suchen? Oder gibt es niedrigschwellige Angebote, die jeder wahrnehmen sollte?

Bei einem Karzinom ist eine psychologische Erstberatung immer sinnvoll. Wir Menschen sind eine Einheit von Seele und Körper und bei einer schweren Erkrankung braucht auch die Seele Unterstützung. Dauerhaften Therapiebedarf haben etwa ein Drittel der Krebspatientinnen. Die anderen werden von Freunden und Familie so weit stabilisiert, dass sie gut zurechtkommen.

Aber zumindest ein Erstgespräch mit einem Psychoonkologen würde ich jeder Frau gönnen.

 

Kann es sinnvoll sein, die Behandlung durch andere Maßnahmen zu unterstützen, z.B. pflanzliche Heilmittel, Homöopathie oder eine Diät?

Die Integrative Medizin hat es sich zur Aufgabe gemacht, auch komplementäre Heilmethoden in die Behandlung zu integrieren. An der Universitäts-Frauenklinik in Mainz haben wir sogar eine Extra-Sprechstunde eingerichtet, in der sich Patientinnen über die verschiedenen Möglichkeiten informieren können. Das kann körperliche Aktivität sein, Akupunktur, Akupressur oder auch ein speziell abgestimmter Ernährungsplan.

 

Können Frauen selbst etwas tun, um das Rückfallrisiko zu senken?

Besonders effektiv sind Sport und ein normales Gewicht. Außerdem sollten Sie Stress vermeiden und auf einen ausreichenden Selen- und Vitamin-D-Spiegel achten.

 

                                                                                                                                                                                           

 

Frau Prof. Dr. Annette Hasenburg ist Direktorin der Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauengesundheit der Universitätsmedizin Mainz. Vielen Dank für das Interview!

 

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