Film

Handwerk hat goldenen Boden

Die Tragikomödie „Irina Palm“ zeigt Marianne Faithfull in einer Paraderolle: Sie spielt eine englische Großmutter, die unversehens zum Star eines Londoner Sexclubs aufsteigt

 

Es war einer der interessantesten und verrücktesten Filme des vergangenen Jahres: „Irina Palm“ mit Marianne Faithfull in der Hauptrolle. Die Sängerin und ehemalige Muse der Rolling Stones spielt darin die einfache Hausfrau Maggie aus einer Kleinstadt nahe London. Ihr Mann ist vor einigen Jahren gestorben, das Leben der Mittfünfzigerin verläuft in geregelten Bahnen. Doch als ihr Enkel schwer erkrankt und ihr arbeitsloser Sohn die Kosten für die lebensnotwendige Operation in Australien nicht aufbringen kann, beschließt Maggie, sich wieder einen Job zu suchen – und landet ausgerechnet in einem Londoner Nachtclub.

Als sie von ihrer Aufgabe erfährt, die manuelle Befriedigung von Männern durch das Loch einer Trennwand, will Maggie sofort wieder davonlaufen. Doch sie bleibt, weil sie keine andere Arbeit findet. Der Clubbesitzer Miki, ein mit allen Wassern gewaschener Geschäftsmann, traut ihr auch nicht besonders viel zu. Doch zu seiner großen Überraschung entwickelt sich Maggie im Laufe der nächsten Wochen zu seiner wertvollsten Mitarbeiterin: Ihr Talent spricht sich herum, und die Männer stellen sich in langen Schlangen nur noch vor ihrer Kabine an. Maggie ist so erfolgreich, dass Miki ihr einen Künstlernamen gibt: Irina Palm, nach dem englischen Wort für die Handfläche.

Das alles erzählt Regisseur Sam Garbanski in ruhigen Bildern und einer gekonnten Mischung von Tragik und Humor. Neben der großartigen Marianne Faithfull sind es diese Wendungen, die den Film so sehenswert machen. Wenn Maggie ihren Enkel im Krankenhaus besucht oder allein im Zug nach Hause sitzt, ist der Film traurig. Doch in Zusammenhang mit ihrer Arbeit enstehen immer wieder Momente subtiler Komik. Da ist das Angebot des konkurrierenden Nachtclub-Besitzers von gegenüber, der Maggie nach allen Regeln der Kunst umgarnt. Oder der „Penis- Arm“, mit dem sie ihrem geschockten Kaffeekränzchen die ständigen Schmerzen im Ellebogen erklärt. Und es kommt der Tag, an dem Miki beschließt, die Dienste seiner Mitarbeitern einmal selber in Anspruch zu nehmen ...

Maggies Sohn fragt sich derweil, woher sie plötzlich so viel Geld hat. Eines Tages spioniert er ihr nach und will danach nichts mehr mit seiner Mutter zu tun haben. Fast kommt es zum Bruch, wieder wird der Film für einige Minuten zur tragischen Sozialstudie. Doch am Ende steht für alle ein Happy End – und Maggie muss fortan nicht mehr allein durchs Leben gehen.

Sam Garbanski hatte jahrelang Probleme, für seinen Stoff Geldgeber zu finden. Eine ältere Frau, die in einem Sexshop arbeitet, das war vielen Produzenten zu riskant. Doch am Ende wollten allein in Deutschland 250 000 Menschen „Irina Palm“ sehen. Der Film gewann auf der Berlinale einen Publikumspreis und war nominiert für den Europäischen Filmpreis. Nur in den USA war der Streifen nicht sonderlich erfolgreich. Der offene, humorvolle Umgang mit Sexualität hat die Amerikaner offenbar abgeschreckt.

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