LEBENSHILFE

„Krisen sind normal!“

Paare, die Probleme haben, sollten sich viel früher professionell helfen lassen, meint Paar- und Sexualtherapeutin Dr. Katharina Klees. Ein Interview.

Jede Partnerschaft gerät mal in eine Krise. Oft könnte Beistand von außen dabei helfen, sich gewinnbringend aus ihr zu befreien. Gemeinsame Gespräche mit einem Paar- oder Sexualtherapeuten eröffnen die Möglichkeit, mehr über sich selbst und den Partner zu erfahren. Wie das funktioniert, haben wir Dr. Katharina Klees gefragt. Gemeinsam mit ihrem Lebenspartner bietet sie im Ludwigshafener Aufwind-Institut Paar- und Sexualtherapien an.

Liebe hält gesund:
Frau Dr. Klees, Liebe und Sexualität werden ja als etwas sehr Privates empfunden. Und der Gang zur psychologischen Beratung gilt vielen immer noch als Zeichen, dass man „verrückt“ sei. Erleben Sie es häufiger, dass Patienten mit solchen Hemmungen zu Ihnen kommen?

Dr. Katharina Klees: 
Tatsächlich kommen viele Paare erst zu uns, wenn ihr Leidensdruck sehr groß ist. Oft haben sie vorher ganz viel ausprobiert, um alleine klar zu kommen – leider meist wenig Hilfreiches. Manche Männer haben schon Unsummen für Pornos ausgegeben, andere haben sogar angefangen zu trinken.

Aber viele Paare fürchten eben, bereits gescheitert zu sein, wenn sie sich an einen Therapeuten wenden müssen …

Viele Menschen haben das Bild im Kopf, dass eine Paarbeziehung immer nur harmonisch und schön verlaufen darf. Aber das ist ein Mythos! Konflikte und Streitigkeiten sind normal. Eine Krise ist normal! Und wenn man mal alleine nicht weiterkommt, ist es ebenso normal, sich Hilfe zu holen. Sehen Sie: Heute gibt es für fast alles eine Ausbildung – ob man einen Beruf erlernt oder einen Führerschein erwirbt. Aber wie eine Beziehung funktioniert, bringt einem keiner bei. Hier sehen wir unsere Aufgabe. Zu uns kann man deshalb auch kommen, wenn man sich einfach frischen Wind in der Beziehung wünscht – prophylaktisch sozusagen.

Wie helfen Sie Paaren in der Krise? Haben Sie eine grundsätzliche Philosophie?

Unsere Grundidee ist, dass man an der Liebe lernen soll. Die meisten Paare kommen mit einem Grundkonflikt zu uns, den sie aus ihrer jeweiligen Herkunftsfamilie mitbringen. Das heißt: Sie haben als Kind bestimmte Verhaltensmuster erlernt, die nun im Erwachsenenalter immer wieder für Reibung mit dem Partner sorgen. Das hat den Nachteil, dass an diesem Punkt permanent Streit entsteht. Aber es bietet auch die Chance, sich gegenseitig zu heilen: die Liebe als Lernmodell.

Gerade der Gang zur Sexualtherapeutin löst bei vielen Menschen die Angst aus, da werde vor Ort etwas Peinliches ausprobiert oder vorgeführt …

Mein Partner und ich sagen unseren Klienten gleich am Anfang, dass sie entscheiden, was sie machen möchten. Wir erklären, wie wir arbeiten und die Paare erteilen uns Aufträge. Und bisher hatten alle den Wunsch, ihre Sexualität weiterhin im Privaten stattfinden zu lassen. Wir helfen mit Tipps, was sie mal ausprobieren könnten. So empfehlen wir etwa bei Erektionsstörungen die „sanfte Vereinigung“, eine Stellung, die es gut ermöglicht, den nicht erigierten Penis einzuführen. Aber so etwas wird in unserer Praxis natürlich mit Kleidern ausprobiert.

Sie und ihr Partner beraten Paare als Paar. Was sind die Vorteile?

Grundsätzlich ist es von Vorteil, wenn ein weiblicher und ein männlicher Ansprechpartner da sind – gerade weil wir mit dem „inneren Kind“ in unseren Klienten arbeiten. Es ist zum Beispiel so, dass Männer oft sehr stark auf meinen Partner schauen, weil er die Vaterrolle repräsentiert – und mit dem haben viele Männer ihr Leben lang Probleme. Es ist aber auch durchaus denkbar, dass mein Partner einen ganz tollen Draht zum weiblichen Part des Paares entwickelt. Oder es gibt den umgekehrten Fall, dass sich der männliche Klient von mir besonders gut verstanden fühlt. Für uns als Therapeuten ist es außerdem von Vorteil, dass wir uns immer gemeinsam über einen Fall besprechen können. Wir supervisieren uns ständig gegenseitig. Oft besprechen wir uns sogar in der Gegenwart des Paares miteinander. Das kann sehr heilsam sein! Und die Paare können sich überzeugen, mit welcher Wertschätzung wir über sie reden.

Die Tipps von Katharina Klees gibt es auch als Buch: „Paare im Konflikt. Neue Partnerschaftsmodelle“, Patmos-Verlag 1996. Kontakt zum Aufwind-Institut für Paarberatung: www.aufwindinstitut.de oder unter 06 21/539 0412

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