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Weg mit dem Männerbauch

Immer mehr Männer in Deutschland sind übergewichtig. Die Folgen: Fettleibigkeit führt im Laufe der Jahre zu Bluthochdruck, Diabetes oder Herzinfarkt. Gegensteuern lässt sich mit gesunder Ernährung und moderater Bewegung – oder einer Testosterontherapie. Denn auch das Sexualhormon spielt beim Bauchumfang eine Rolle.


Irgenwann ist er da. Wenn jenseits der 30 die Zeiten vorbei sind, in denen man bedenkenlos jede Menge Pommes, Chips oder Bier vertilgen konnte, ist seine Zeit gekommen. Wenn dann noch stress- oder berufsbedingt zu wenig Bewegung im Spiel ist, hat man schnell einen unerfeulichen Begleiter an der Seite, der freiwillig nicht so schnell wieder verschwindet: den klassischen Männerbauch.

In Deutschland kommt diese Spezies besonders oft vor. Hier leben statistisch gesehen die dicksten Männer in ganz Europa. Traditionell gilt ein Bauchträger als besonders gemütlich, der Bierbauch als Kavaliersdelikt. Doch das Übergewicht hat gefährliche Folgen: In keinem anderen Land auf dem Kontinent gibt es mehr plötzliche Herztode, und auch bei den Schlaganfällen liegt die Bundesrepublik weit vorne. Übergewichtige Männer neigen zu Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörung, auch das Diabetes-Risiko ist bei ihnen höher. Kommen alle vier Faktoren – Fettleibigkeit, Diabetes, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung – zusammen, spricht man vom sogenannten metabolischen Syndrom: eine Konstellation, die das Risiko deutlich erhöht, im Laufe des Lebens an einem schweren Herzleiden zu erkranken. Der Kampf gegen den Bauch ist also weit mehr als nur eine Frage der Optik.

Eine wichtige Rolle dabei spielt das Testosteron. Männer mit zu vielen Pfunden auf den Rippen weisen häufig einen zu niedrigen Spiegel des in den Hoden produzierten Sexualhormons auf. Denn das Bauchfett ist nicht wie allgemein angenommen nur totes Gewebe, sondern hoch aktiv: Nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen wandelt das Fett im Körper Testosteron in das weibliche Sexualhormon Östrogen um – was auch der Grund dafür ist, dass dicke Männer Brüste bekommen können. Je größer also der Bauchumfang eines Mannes ist, desto niedriger ist sein Testosteronspiegel. Das aber bedeutet im Umkehrschluss: Das Sexualhormon Testosteron wird nicht nur benötigt, um die Libido aufrechtzuerhalten, sondern kann auch als Hilfe beim Abnehmen eingesetzt werden.

Diesen Zusammenhang zwischen Gewichtsreduktion und Testosteron beweist eine Studie des Münchner Endokrinologen Armin E. Heufelder (siehe Seite 17) aus dem Jahr 2006. Der Spezialist für hormonelle Störungen und Diabetes unterzog 32 übergewichtige Männer zwischen 35 und 70 Jahren einem einjährigen Gewichtsreduzierungsprogramm. Alle Teilnehmer hatten Diabetes und wiesen einen zu geringen Testosteronspiegel auf.

Dabei kam keine ausgeklügelte, komplizierte Diät zum Einsatz, sondern die nach wie vor überzeugendste Art des Abnehmens: moderate Bewegung kombiniert mit mediterraner Ernährung und wenig Alkohol. Allein diese Maßnahmen reduzieren das Risiko eines Herzinfarkts um 65 Prozent. Alle 32 Männer absolvierten dreimal in der Woche ein leichtes Bewegungs- und Muskelaufbautraining, die Ernährung wurde auf einfache, gesunde Kost mit viel Gemüse umgestellt. Auf Bier sollte wenn möglich verzichtet werden, ein Glas Wein zum Essen war dagegen kein Problem. Dazu kam ein begleitendes Coaching zur Motivationsförderung – denn herkömmliche Diäten scheitern immer wieder an der Eigenmotivation. Der einzige Unterschied in der Behandlung der Probanden war dieser: Die Hälfte von ihnen erhielt zusätzlich eine Therapie mit einem testosteronhaltigen Gel.

Das Ergebnis der Studie war erstaunlich: Alle Teilnehmer nahmen ab – die mit Testosteron behandelten jedoch am deutlichsten. Bei ihnen ging der Bauchumfang im Durchschnitt von 106,8 Zentimeter auf 96,4 Zentimeter, also um über zehn Zentimeter zurück. Bei den Probanden ohne Testosterontherapie waren es immerhin noch fünf Zentimeter. Auch der Body Mass Index, der das Gewicht im Verhältnis zur Körpergröße angibt, sank bei den mit dem Testosterongel behandelten Männern stärker. Der Glukosestoffwechsel, der die für Diabetiker so wichtigen Blutzuckerwerte regelt, normalisierte sich bei ihnen ebenfalls deutlicher als bei den übrigen 16 Männern. Mit anderen Worten: Bei Fettleibigkeit des Mannes kann die Testosteron-Substitution ein Mittel sein, um das Körpergewicht zu reduzieren und sowohl das Risiko von Diabetes als auch das eines metabolischen Syndroms zu mindern. Männer mit einem Bauchumfang von mehr als 100 Zentimetern sollten deshalb nicht nur auf herkömmliche Weise versuchen abzunehmen, sondern auch beim Arzt ihren Testosteronspiegel überprüfen lassen. Liegt er zu niedrig, können die fehlenden Hormone ersetzt werden. Das Testosterongel, das vom Patienten selbst auf Schultern, Oberarme oder Bauch aufgetragen wird, ist dabei nur eine von mehreren Möglichkeiten. Soll der Hormonspiegel über einen längeren Zeitraum angehoben werden, bietet sich ein Depotpräparat an, das intramuskulär injiziert wird. Früher waren dazu fast 20 Spritzen pro Jahr nötig, die neue Formulierung reduziert ihre Zahl auf vier bis fünf. Heute gibt das Depot unter der Haut bis zu 14 Wochen lang gerade eben so viel Testosteron frei, dass der Spiegel im normalen Bereich bleibt. Der Kampf gegen den Bauch, er ist also nicht aussichtslos. Und es ist wichtig, ihn anzugehen – Ihre Gesundheit wird es Ihnen danken. Wenn nicht jetzt, dann in einigen Jahren.

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