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Medizin von Mutter Natur

 

Bei Erektionsproblemen und sexuellen Störungen der Frau sind naturheilkundliche Arzneimittel und Verfahren eine mögliche Alternative zur Schulmedizin. Allerdings muss man bei der Auswahl sehr vorsichtig sein: Auf dem Markt sind eine Menge Betrüger unterwegs.

(v.l.n.r.) Damiana, Granatapfel, Süßholz und Mönchspfeffer gehören zu den Pflanzen und Früchten, deren Inhaltsstoffe in der naturheilkundlichen Medizin zur Behandlung von sexuellen Störungen Verwendung finden.

Die gängigen Potenzmittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion sind aus der modernen Medizin gar nicht mehr wegzudenken. In der Regel helfen sie den betroffenen Männern schnell und wirksam. Doch nicht alle Menschen möchten sich mit klassischen Medikamenten behandeln lassen, viele vertrauen auf naturkundliche Wirkstoffe und Heilmethoden. Und davon werden eine ganze Menge angeboten – sowohl für Erektionsstörungen bei Männern als auch für Libidoverlust bei Frauen.

Allerdings bedeutet das nicht, das alle davon auch die versprochene Wirkung erzielen. „Man muss sich bewusst sein, dass kaum einer der Ansätze wissenschaftlich belegt ist“, gibt der Psychiater, Psychotherapeut und ISG-Vorstand Michael Berner zu bedenken. „Naturheilkunde ist legitim, aber man sollte sich von einem Experten auf dem Gebiet informieren lassen.“

Eines der häufig angebotenen naturkundlichen Mittel bei erektiler Dysfunktion heißt Euviril. Es ist in Brausetabletten in der Apotheke erhältlich. Euviril enthält eine hohe Konzentration an L-Arginin, einer im Körper natürlich vorhandenen Aminosäure. Sie ist verantwortlich für die Produktion von Stickmonoxid – einem Stoff, der die Dehnungsfähigkeit der Arterien erhöht und gleichzeitig die Venen verengt. Die Folge: Das Blut kann in den Penis fließen und bleibt auch dort. Euviril sollte aber nur nach Absprache mit dem Arzt eingenommen werden.

Homöopathisch zusammengestellt ist das Arzneimittel Viragil. Es wird besonders in solchen Fällen empfohlen, in denen die Sexualschwäche mit Stress, Überanstrengung, Nervosität und depressiven Verstimmungen einhergeht oder durch sie verursacht wurde. Viragil kann daher auch eingenommen werden, bevor die Erektionsstörungen einsetzen. Es basiert auf einer Kombination von Mönchspfeffer und Pikrinsäure, die den körpereigenen Stoffwechsel stimulieren sollen. Da ist in den mittelalterlichen Klöstern einiges schief gelaufen: Wie der Name schon sagt, wurde Mönchspeffer dort eingesetzt – zur Vertreibung unkeuscher Gedanken.

Androxan dagegen ist ein Potenzmittel, bei dem ein gesundes Misstrauen angebracht ist. Es wird als rein natürliches Produkt beworben, doch tatsächlich handelt es sich um ein Nahrungsergänzungsmittel. Das aber bedeutet: Während homöopathische Arzneimittel noch gewissen Tests und Kontrollen unterliegen, ist das bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht der Fall. Die Hersteller versprechen viel, doch meist ist das wenig realistisch. „Die Inhaltsstoffe dieser Nahrungsergänzungsmittel entsprechen etwa denen, die man zu sich nimmt, wenn man sich ausgewogen mit Gemüse, Obst und Vollkornprodukten ernährt“, meint der Urologe und ISG-Vorstand Christian Leiber. Und setzt hinzu: „Nur ist Letzteres deutlich billiger.“

Denn der Preis ist ein weiterer Punkt, den die Verbraucher bei alternativen Heilmethoden bedenken sollten. „Viele Angebote sind überhaupt nicht billig, und viele sind nicht einmal volkskundlich belegt, sondern reine Betrügerei“, sagt Michael Berner. Gerade im Internet und über Werbe-E-Mails werden viele Produkte angeboten, die reine Beutelschneiderei sind. Wer bereit ist, viel Geld für nicht nachgewiesene Wirkungsmechanismen zu zahlen, der sollte darauf gefasst sein, dass das Ergebnis möglicherweise nicht den Erwartungen entspricht.

Eine weitere Gruppe von Sexualpräparaten gegen Libidoverlust bei der Frau beruft sich auf süd- oder mittelamerikanische Heilpflanzen, die teilweise schon mehrere tausend Jahre in Gebrauch sein sollen. Dazu gehören die mexikanische Pflanze Damiana, der Baum Nuira Puana aus dem südamerikanischen Regenwald und die Wurzel des mexikanischen Yam. Allen wird auf die eine oder andere Weise eine aphrodisierende Wirkung zugeschrieben. Die Yam-Wurzel soll außerdem bei Menstruationsund Wechseljahresbeschwerden helfen. Darüber hinaus empfehlen viele Ratgeber die Süßholzwurzel. Sie fördert angeblich die Produktion von Sexualhormonen in der Nebenniere. Hier liegt offensichtlich ein volkskundlicher Ursprung vor: Gibt es beim Umwerben einer Frau doch das alte Sprichwort vom Süßholzraspeln.

Selbst ohne Libidoverlust kann es vorkommen, dass die Schleimhäute der Vagina trocken bleiben – zum Beispiel in den Wechseljahren. Hier soll der Granatapfel helfen. Er ist schon seit der Antike mit Fruchtbarkeit assoziiert worden, weil die Schönheitsgöttin Aphrodite meist mit einer der orientalischen Früchte in der Hand abgebildet wurde. Die moderne Wissenschaft hat bestätigt, dass der Granatapfel Phytoöstrogene enthält und deshalb bei Östrogenmangel hilft. Eine ähnliche Funktion wird der chinesischen Jujube-Frucht zugeschrieben, die durchblutungsfördernd wirken soll und deshalb die Produktion von Scheidensekret anregt.

Doch zur Naturheilkunde gehören nicht nur Pflanzen, Früchte und Wurzeln. Ebenso Bestandteil sind Körpertherapien. Bei Orgasmusschwierigkeiten bieten manche Praxen den Frauen zum Beispiel eine Vaginale Osteopathie an: Dabei werden Empfindungsstörungen und Funktionseinschränkungen mit speziellen Berührungstechniken therapiert. Das führt zu einer besseren Sauerstoffversorgung im Intimbereich, gleichzeitig werden Verspannungen gelöst. Zu den Behandlungsgebieten der Vaginalen Osteopathie gehört auch Vaginismus, das reflexartige Zusammenziehen der Scheidenmuskulatur bei jeder Art von Berührungen.

Für Männer gibt es tendenziell ähnliche Angebote: zum Beispiel das Beckenbodentraining. Die Idee beruht auf der Tatsache, dass etwa ein Drittel der für die Erektion wichtigen Muskeln im Beckenboden ansetzen. Das Training dieser Muskeln fördert die Durchblutung der Schwellkörper, die Erektion kommt leichter zu Stande. Diese Methode kann allerdings nur bei leichten Erektionsstörungen erfolgreich sein. Denn eines sollte auch hier immer klar sein: Bei anhaltenden Problemen ist die Naturheilkunde keine echte Alternative zum Arztbesuch. Oder wie Michael Berner es ausdrückt: „Bei Wirkungslosigkeit sollte man den Weg zur Schulmedizin dann auch wirklich gehen.“

Buchtipps:

Andreas Wacker, Martin Socha:

Homöopathie für Männer.

Sanfte Medizin gegen Männerkrankheiten,

Südwest Verlag, 112 Seiten, 12,95 €

Maria Schäfgen:

Kommen Sie doch, wann Sie wollen.

Homöopathische Wege zur weiblichen Lust,

Orlanda Frauenverlag, 256 Seiten, 15,90 €

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