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Sexsucht: Wenn die Lust zur Last wird

Hypersexualiät ist eine ernstzunehmende psychische Störung. Die Betroffenen verlieren dabei die Kontrolle über ihr Liebesleben. Eine Therapie hilft...

Sexsucht – seit einigen Jahren geistert dieser Begriff immer wieder durch die Medien. Vorzugsweise in Kombination mit Berichten über das ausschweifende Liebesleben von Prominenten. Handelt es sich dabei  überhaupt um eine reale sexuelle Störung oder ist der Begriff nur ein Modewort? „Sexsucht als problematisches Verhalten gibt es tatsächlich“, sagt Sexualmediziner Professor Uwe Hartmann vom Institut für Klinische Psychologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. „Allerdings entspricht es nicht eins zu eins einer substanzgebundenen Sucht.“ Im Gegensatz zu Alkohol führt Sex beispielsweise nicht zu physischen Entzugssymptomen. Je nach Ausprägung ähnelt eine Sexsucht eher einem Zwangsverhalten oder Impulskontrollstörung als einer Abhängigkeit. Mediziner sprechen deshalb lieber von „Hypersexualität“.

 

Symptome und Häufigkeit

Hartmann nennt drei typische Symptome: Die Personen befriedigen sich häufig selbst, konsumieren bis zu mehrere Stunden am Tag Pornografie und wechseln häufig ihre Partner. Eine Hypersexualität zeigt dabei durchaus Parallelen zu einer klassischen Sucht. Die Betroffenen können ihr Sexualverhalten nicht mehr steuern, vernachlässigen darüber ihre übrigen Interessen. Der Alltag und vor allem die Partnerschaft leiden unter dem Zwang.

 

Betroffen sind vor allem Männer. Der Frauenanteil liegt in Studien bei etwa fünf bis 20 Prozent. Genaue Zahlen gibt es nicht, auch nicht zur Verbreitung von Sexsucht. „Wahrscheinlich ist es kein seltenes Problem“, schätzt Hartmann. Dennoch warnt der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Sexualmedizin, Sexualtherapie und Sexualwissenschaft davor, den Begriff leichtfertig zu verwenden. Gerade wenn der Boulevard Prominenten aus der Ferne eine Sexsucht diagnostiziert, ohne die genauen Hintergründe zu kennen.

 

Ungeklärte Definition

Überhaupt lässt sich das Syndrom nur schwer genau erfassen. Ab wann gilt sexuelles Verhalten nicht mehr als normal, sondern als Störung? Immerhin liegt ein gewisser Kontrollverlust in der Natur der Sache. Eine einheitliche Definition gibt es nicht, jedoch zwei grundsätzliche Ansätze. Ein Konzept aus den USA sieht die Häufigkeit als entscheidendes Kriterium an: Als hypersexuell gilt, wer über einen Zeitraum von sechs Monaten hinweg zumindest täglich Geschlechtsverkehr hat oder sich selbst befriedigt.

Psychologe Hartmann hält diesen Ansatz für wenig sinnvoll. Entscheidend ist für ihn nicht die Quantität, sondern die Qualität: Hat der Betroffene noch das Gefühl, sein Sexualverhalten steuern zu können? Oder kann er trotz negativer Konsequenzen nicht davon lassen? Häufig kommt es infolge der Sucht zu Problemen in der Partnerschaft.

 

Sex als Fluchtstrategie

Typisch für den Suchtcharakter ist auch die Funktion, die Sex für die Betroffenen hat: Oft dient er als Belohnung, soll schlechte Stimmung vertreiben oder Misserfolg im Beruf kompensieren. Sex ist in diesem Fall ein Fluchtmittel, wie beim Alkoholiker die Flasche. Oft kennen die Personen gar keine Möglichkeit, mit Problemen anders umzugehen. Darüber hinaus haben sie meist Schwierigkeiten mit Intimität und Nähe: „Betroffene haben meist eine unpersönliche Sicht auf Sex, kennen keine intime Sexualität“, so Hartmann.

Wie es zur Sucht kommt, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Zum großen Teil beruht exzessive Sexualität auf nach und nach erlernten Verhaltensweisen. Das Internet dürfte dabei in vielen Fällen ein nicht unwesentlicher Faktor sein. Es macht Pornografie schnell und leicht verfügbar, begünstigt dadurch die Entstehung der Sucht. Daneben können biopsychologische Faktoren eine Rolle spielen. Manche Menschen haben einen stärkeren Sexualtrieb, entsprechend kann ihre Suchtgefährung größer sein.

 

Wege aus der Sucht

Ein erster wichtiger Schritt besteht darin, sich überhaupt des Problems bewusst zu werden und Hilfe zu suchen. Ausgangspunkt ist oft der eigene Partner, dem das Verhalten auffällt. „Angehörige sollten in diesem Fall nicht zu lange warten, sondern offen das Gespräch suchen“, rät Hartmann. Sein Institut bietet in Hannover eine Sprechstunde für exzessives sexuelles Verhalten an, sowohl für Betroffene als auch für Angehörige.

Eine spezielles Therapieverfahren bei Sexsucht gibt es nicht. Dafür unterscheiden sich die Persönlichkeiten und Probleme der Patienten zu stark voneinander. Die Behandlung erfolgt vor allem mit Hilfe einer Verhaltenstherapie. Bei dieser sollen die Betroffenen lernen, ihre Impulse besser zu regulieren und sich in bestimmten Situationen anders zu verhalten – etwa Probleme nicht mehr durch sexuelle Stimulation zu verdrängen versuchen. Zudem ist ein Intimitätstraining möglich, in dem die Teilnehmer lernen, Nähe zuzulassen.

 

Im Gegensatz zu anderen Suchterkrankungen besteht das Ziel einer Sexsucht-Therapie nicht darin, die Patienten zur Abstinenz zu erziehen, so Hartmann. Vielmehr geht es darum, einen kontrollierten Umgang mit der eigenen Lust zu lernen. Schließlich ist Sexualität ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Lebens. (Quelle: gesundheitpro.de )

 

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