Partnerschaft
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Paartherapie ist sinnvoll

Sexualität ist ein allgegenwärtiges Thema. Für den Sexualwissenschaftler Prof. Volkmar Sigusch ist unser Alltag von sexuellen Reizen überflutet und entleert. Erotik und Lust werden so ausgetrieben.

In seinem Essay spricht der Professor über Lustlosigkeit, sowie die Probleme von Männern und Frauen.

Unbestritten, Sexualität ist einem ständigen kulturellen Wandel unterworfen. Dieser Artikel beleuchtet nicht die zeitgeschichtliche Dimension von Sexualität, sondern die große Gruppe der in der psychotherapeutischen Praxis zur Sprache kommenden sogenannten sexuellen Funktionsstörungen.

Oft Beeinträchtigung des Erlebens

Bei diesen Beschwerden geht es oft nur vordergründig um das Funktionieren im Sinne mechanischer Defekte. Zumeist handelt es sich um eine Beeinträchtigung des Erlebens. Bei beiden Geschlechtern kann das sexuelle Verlangen (die Appetenz), die sexuelle Erregung, der sexuelle Höhepunkt (Orgasmus) sowie die Befriedigung (Satisfaktion) beeinträchtigt sein. Die sexuelle Annäherung kann durch Lustlosigkeit oder Aversion gebremst sein, die Stimulation durch mangelnde Erregung oder mangelnde Erektionsfähigkeit für den Geschlechtsverkehr nicht ausreichend sein, der sexuelle Verkehr durch erhebliche Schmerzen, Stechen oder Jucken im Genitalbereich behindert sein. Der Orgasmus kann beim Mann durch vorzeitige Ejakulation beziehungsweise durch deren Ausbleiben ebenso beeinträchtigt sein wie bei beiden Geschlechtern durch ein Ausbleiben eines erhofften Lustgefühls. Ferner können unmittelbar an den Orgasmus anschließende Verstimmungszustände mit Gereiztheit, Unruhe und Missempfindungen im Genitalbereich der gewünschten Befriedigung entgegenstehen.

Eine grundlegende Unterteilung der sexuellen Funktionsstörungen in vorwiegend organisch und mechanisch bedingte Funktionsstörungen im Sinne einer sexuellen Dysfunktion und auf der anderen Seite primär psychosozial bedingte Sexualstörungen hat sich seit Jahren in Praxis und Fachliteratur bewährt.

Seelisches und körperliches Erleben gehören zusammen

Wenn gleich seelisches und körperliches Erleben stets zusammen gehört, ist es für die Diagnostik in der psychosomatischen Sprechstunde äußerst wichtig, insbesondere schwere körperliche Erkrankungen mit ihren Auswirkungen auf die Sexualfunktion sowie Funktionsstörungen in Folge von Medikamenteneinnahmen angemessen zu berücksichtigen.

Während bei Männern in der Psychotherapeutischen Sprechstunde Klagen über Erektionsstörungen dominieren, so finden sich bei Frauen nicht selten Phänomene von Lustlosigkeit und Schmerzempfindungen, wie dies beispielsweise am Hamburger Institut für Sexualforschung auch zahlenmäßig belegt werden konnte.

An den Arzt beziehungsweise den Therapeuten wird schnell die Erwartung gerichtet, die Entstehung der sexuellen Störungen zu erklären und einen Weg der Beseitigung parat zu haben. Unbestritten ist, dass es zumeist Beziehungen sind, in denen sexuelle Reaktionen und Erfahrungen als Problem erfahren und erlebt werden. Von daher ist ein paartherapeutischer Fokus nahe liegend.

Als Paar Schuldgefühle und Versagensängste überwinden

Masters und Johnson waren es, die in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts in den USA auf der Basis eines solchen Ansatzes Paaren helfen wollten, Hemmungen bezüglich Sexualität abzubauen und Schuldgefühle oder Versagensängste zu überwinden. Konkrete Verhaltensanweisungen standen im Vordergrund.

Heutzutage werden verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Therapiestrategien nicht selten mit psychodynamischen Therapieansätzen kombiniert, die die Entwicklung von Symptomatologie vor dem Hintergrund der individuellen Biografie ins Zentrum rücken.

Nicht selten werden die Therapien auch um solche systemischen Ansätze bereichert, die die Funktionalität von Symptomatologie vor dem Hintergrund von Kommunikationsprozessen, von impliziten und expliziten Wünschen der beteiligten Partner untersuchen. Dabei betont der renommierte Heidelberger Sexualtherapeut Professor Ulrich Clement die Funktion einer gelingenden Psychotherapie auch in der Weise, dass Umdeutungen und Neuinterpretationen relevanter Lebensereignisse und des eigenen Verhaltens ermöglicht werden. Dabei steht die Frage nach der sexuellen Funktion, danach, „ob es klappt“ nicht zwingend im Vordergrund. Vielmehr gilt es, den Blick zu richten auf eine mögliche Ambivalenz im Zusammenhang mit Veränderungen für das eigene Wohlbefinden und für die Paarbeziehung, zu klären, was Nachteil oder Vorteil einer Veränderung sein könnten. Es geht schließlich darum, den eigenen Gestaltungsanteil zu erweitern.

(von Dr. Dr. Peter Bagus)


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