Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Sexualität

Eine Antwort auf Ihre Fragen...

 

Beeinträchtigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Sexualität?

Vielfältige Faktoren beeinflussen unsere Sexualität. Um Sexualität befriedigend erleben und genießen zu können, sind neben einer erotischen Paarbeziehung, einem ausgeglichenen Seelenleben und einer entspannten und anregenden Situation auch funktionsfähige Nerven, Blutgefäße und Geschlechtsorgane erforderlich. Ein so komplizierter Vorgang wie die Sexualität kann natürlich leicht gestört werden. Gerade chronische Krankheiten wie Bluthochdruck oder Herzerkrankungen können an vielen Stellen das empfindliche Spiel der Sexualität stören. Die psychische Belastung durch eine chronische Krankheit, die eingeschränkte körperliche Belastbarkeit, Nebenwirkungen von Medikamenten oder Veränderungen an Blutgefäßen sind Beispiele, wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen das Sexualleben stören können. Daher verwundert es nicht, dass gerade Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen besonders häufig unter sexuellen Problemen zu leiden haben.

Wie häufig sind Sexualstörungen bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden häufiger unter sexuellen Funktionsstörungen, als Menschen ohne diese Erkrankung. Beispielsweise ist die Erektionsfähigkeit bei etwa der Hälfte der Männer mit Bluthochdruck beeinträchtigt, nach einem Herzinfarkt ist das sogar bis zu 3/4 aller Betroffenen der Fall. Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelten als die häufigsten Ursachen für Erektionsstörungen. Sie können auch ein Frühsymptom von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Sie sehen also, als Betroffene/r sind Sie mit Ihrem Problem nicht allein.

Warum kommt es bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sexuellen Störungen?

Herz-Kreislauf-Erkrankungen können auf vielfältige Weise in die Sexualität eingreifen. Zum einen ist da die psychische Belastung durch eine chronische Erkrankung, die verminderte körperliche Leistungsfähigkeit, Schmerzen, möglicherweise auch die Angst vor einem Herzinfarkt. Sie kann bei Männern zu Veränderungen im Selbstbild, Unsicherheit und einer Abnahme der Selbstsicherheit führen. Dies kann sich bis in die Sexualität auswirken. Nicht umsonst sind Depressionen bei Herz-Kreislauf-Kranken besonders häufig. Deshalb kommt es bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch oft zu einem Nachlassen der Lust auf sexuelle Aktivität. Darüber hinaus schädigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen Gefäße, die für das Funktionieren der Geschlechtsorgane notwendig sind. Das Anschwellen des männlichen Gliedes und der weiblichen Schamlippen oder die Erweiterung und das Feuchtwerden der Scheide bei der Frau werden durch ein feines Zusammenspiel von Blutgefäßen reguliert. Sind diese erkrankt, kann der Körper nicht mehr richtig auf sexuelle Stimulation reagieren, die Sexualität wird schwierig, schmerzhaft oder gar unmöglich.

Welche Rolle spielen Medikamente?

Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen müssen fast immer Medikamente einnehmen – um Schmerzen zu lindern, die körperliche Belastbarkeit zu verbessern oder das Risiko schwerer Komplikationen zu vermindern. Dazu gehören beispielsweise Mittel gegen hohen Blutdruck, erhöhte Blutfette, oder Herzrhythmusstörungen. Viele dieser Medikamente können das sexuelle Interesse, die Erregungs- und Erlebnisfähigkeit beeinträchtigen. Der Wechsel auf ein anderes Präparat kann oft Abhilfe verschaffen. Dies sollte jedoch nie eigenmächtig, sondern immer nur in enger Abstimmung mit einem Arzt geschehen. Sind bei Ihnen sexuelle Störungen im Zusammenhang mit einem neuen Medikament aufgetreten, sollten Sie unbedingt Ihren Arzt darauf ansprechen. Denn wenn Ihr Arzt dieses Problem erst einmal kennt, kann es in vielen Fällen einfach behoben werden.

 

Was ist das häufigste sexuelle Problem bei  Männern mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen?

Erektionsstörungen (eine nicht ausreichende oder nicht lange genug anhaltende Versteifung des Penis) treten im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei über der Hälfte der Männer auf. Mehr als 75 % der Männer mit Verengungen der Herzkranzgefäße klagen über dieses Problem. Erektionsstörungen dürften damit eines der wichtigsten Symptome von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. Bei manchen Männern ist es sogar das erste Symptom, das erst auf die Krankheit der Gefäße hinweist. Dies ist leicht verständlich, wenn man sich vor Augen hält, dass für eine Erektion durch eine fein abgestimmte Regulation der Blutgefäße der Blutfluss in den Schwellkörper um ein Vielfaches gesteigert werden muss, während der Abfluss gedrosselt wird. Veränderungen an den Gefäßen können diese feine Steuerung der Gefäße empfindlich stören.

Welche sexuellen Probleme können bei Frauen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen auftreten?

Die Kenntnisse über sexuelle Funktionsstörungen bei Frauen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind leider noch unzureichend. Ein Grund könnte vielleicht auch darin liegen, dass viele Frauen mit sexuellen Funktionsstörungen nicht zum Arzt gehen und dadurch dieses Problem einfach nicht erkannt wird. Man geht davon aus, dass es bei Frauen ebenso zu Störungen der Erregung (zum Beispiel weniger feucht werden der Scheide) kommen kann.  Häufig sind auch Ängste vor sexueller Aktivität, wenn Symptome der Herzerkrankung (zum Beispiel Angina Pectoris) auftreten. Frauen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkranken ausgesprochen häufig an Depressionen. Eine Depression selbst, aber auch manche Medikamente gegen Depressionen, können das sexuelle Verlangen oder die Fähigkeit zum Orgasmus stark herab setzen.

Welche Rolle spielt die Psyche?

Die Seele ist bei der Sexualität immer beteiligt, selbst wenn seelische Gründe nur selten die alleinige Ursache von Sexualstörungen sind. Doch auch körperlich verursachte Störungen können die Betroffenen erheblich seelisch belasten. Versagensängste, Selbstzweifel, Partnerschaftskonflikte, sogar Depressionen oder übermäßiger  Alkoholkonsum können die Folge sexueller Funktionsstörungen sein. Es kann ein Teufelskreis aus Versagensangst, Vermeidung, Misstrauen und gegenseitigen Vorwürfen entstehen. Ein Gespräch mit der Partnerin und mit dem Arzt kann die Situation entlasten und eine Lösung ermöglichen.

Was kann ich selbst tun?

Die gute Kontrolle der zu Grunde liegenden Erkrankung ist  außerordentlich wichtig, um Folgeschäden wie Erektionsprobleme zu vermeiden. Beachten Sie also konsequent eventuelle Diätvorschriften, wenn nötig reduzieren Sie Ihr Körpergewicht, seien Sie regelmäßig körperlich aktiv und nehmen Sie vom Arzt verordnete Medikamente ein. Es konnte gezeigt werden, dass diese Maßnahmen langfristig positive Auswirkungen auf die Sexualität haben. In vielen Fällen treten jedoch trotz all dieser Maßnahmen sexuelle Störungen auf. Sprechen Sie mit Ihrer Partnerin darüber, um Missverständnisse und Spannungen zu vermeiden. Und wenden Sie sich an einen Arzt Ihres Vertrauens, der Ihnen weitere Hilfen anbieten kann.

Kann man Sexualstörungen auch behandeln?

Ja, heute kann sehr vielen Patienten mit sexuellen Funktionsstörungen gut geholfen werden. Die Medizin hat bei der Behandlung von Sexualstörungen große Fortschritte gemacht. Ob es sich zum Beispiel um fehlendes sexuelles Verlangen handelt, um Erektionsstörungen beim Mann, oder eine trockene Scheide bei der Frau – für die verschiedenen Sexualstörungen steht heute eine Vielzahl von Behandlungen zur Verfügung. Erektionsstörungen können mit modernen Medikamenten, die einfach anzuwenden sind, erfolgreich behandelt werden. Ihr Arzt kann die Ursache Ihrer Störung erkennen, unter Umständen beseitigen und mit Ihnen die für Sie geeignete Behandlung auswählen.

Wer kann mir helfen?

Am besten wenden Sie sich an einen Arzt Ihres Vertrauens. Er ist gewohnt, mit Patienten über alle körperlichen und seelischen Veränderungen zu sprechen, also auch über  Sexualität. Nur ein Arzt kann herausfinden, welche Ursachen bei Ihnen die Probleme ausgelöst haben, bei Bedarf eine Umstellung der Medikamente vornehmen, die bei Ihnen notwendig sind, oder spezielle Behandlungen für sexuelle Störungen verordnen. Oft will ein Arzt nicht ungefragt in Ihre Intimsphäre eindringen. Deshalb sollten Sie den Mut haben, ihn von sich aus auf Ihre sexuellen Probleme anzusprechen. Sollten Ihre Hemmungen, mit dem Arzt zu sprechen, zu groß sein, könnte ein erster Ansprechpartner auch eine Beratungsstelle (zum Beispiel pro familia) oder unsere anonyme Infoline „Sexualität und Gesundheit“ sein, wo man mit Ihnen genau über diese Hemmungen sprechen und das Gespräch vorbereiten kann.

Ist sexuelle Aktivität bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen gefährlich?

Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, besonders nach einem Herzinfarkt oder einer Herztransplantation, oder ihre Partnerinnen haben oft Angst, dass Geschlechtsverkehr das kranke oder neue Herz überlasten könnte. Dies kann eine Beziehung erheblich beeinträchtigen. Viele Menschen überschätzen jedoch die körperliche „Leistung“, die sie beim Geschlechtsverkehr erbringen. Geschlechtsverkehr ist in Wirklichkeit im Allgemeinen für das Herz nicht belastender, als viele andere alltägliche Tätigkeiten, wie das Heben und Tragen mittelschwerer Gegenstände, Schneeschippen oder Heimwerken. Wer noch regelmäßig solche körperlichen Aktivitäten unternimmt, braucht vor dem Geschlechtsverkehr keine Angst zu haben.  Sollten Sie oder Ihre Partnerin unsicher sein, kann Ihr Arzt durch einen Belastungstest (Belastungs-EKG) Ihre körperliche Leistungsfähigkeit klären. Zwar ist es richtig, dass es Herzinfarkte oder auch Todesfälle bei sexueller Aktivität gibt, diese sind jedoch extrem selten. Viel häufiger treten Herzinfarkte in anderen Situationen auf, etwa im Straßenverkehr oder morgens beim Aufwachen. Geschlechtsverkehr ist also keine gefährliche Tätigkeit, solange man mit gesundem Menschenverstand übermäßige Belastungen vermeidet. Wichtig ist, dass dieses geringe Risiko durch regelmäßige körperliche Aktivität reduziert werden kann. Natürlich gibt es Patienten mit schweren Herz-Kreislauf-Erkrankungen, für die auch sexuelle Aktivität ein Risiko darstellt. Dies wird im Einzelfall Ihr Arzt mit Ihnen besprechen. Sollten Symptome der Herzkrankheit (zum Beispiel Angina Pectoris) beim Geschlechtsverkehr auftreten, so können diese meist wirkungsvoll behandelt werden.

 

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei sexuellen Störungen?

In den letzten Jahren wurde eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten entwickelt, die den meisten Patienten helfen können, Ihr Sexualleben entscheidend zu verbessern. Ihr Arzt wird mit Ihnen und Ihrem Partner zusammen entscheiden, welche Behandlung er für Sie am geeignetsten hält. Oft kann eine Umstellung oder Intensivierung laufender medikamentöser Therapien schon helfen. Zur Verfügung stehen an spezifischen Behandlungen neben Psychotherapien die medikamentöse Therapie für Erektionsstörungen in Tablettenform, Spritzentherapie, Vakuumpumpen, transurethrale Therapie, Hormonbehandlungen, Penisimplantate und andere chirurgische Eingriffe (weitere Infoblätter sind erhältlich).

Sind Medikamente zur Behandlung von Erektionsstörungen auch bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen geeignet?

Grundsätzlich sind auch bei Patienten mit Herz-Kreislauf- Erkrankungen Medikamente in Tablettenform eine wirkungsvolle Behandlungsmethode zur Behandlung von Erektionsstörungen. Mit den meisten Medikamenten, die gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt werden, können Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil und Yohimbin kombiniert werden. Nur eine bestimmte Medikamentengruppe, sogenannte Nitrate (zum Beispiel „Nitro-Spray“) oder NO-Donatoren, dürfen auf keinen Fall gleichzeitig zusammen mit Sildenafil, Tadalafil oder Vardenafil eingenommen werden. Bei gleichzeitiger Einnahme von Herz-Kreislauf-Präparaten sollten Sie mit Ihrem Arzt über mögliche Konsequenzen sprechen und ihm mitteilen, welche Medikamente Sie einnehmen.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für Frauen?

Oft hilft eine medikamentöse Umstellung oder Intensivierung der medikamentösen Behandlung der Herz-Kreislauf-Erkrankung schon weiter. In Abhängigkeit von weiteren zugrunde liegenden Ursachen der sexuellen Störung kann eine Behandlung mit Medikamenten (zum Beispiel Hormonen) oder auch eine Psychotherapie oder eine Kombination von beidem in Frage kommen. Um die beste Behandlung festzulegen, ist zunächst eine gründliche körperliche Untersuchung und Erhebung der Vorgeschichte und aktuellen Lebenssituation erforderlich. Dies kann in Zusammenarbeit Ihres Gynäkologen mit dem Hausarzt geschehen.

Sind Medikamente zur Behandlung von Erektionsstörungen geeignet zur Behandlung weiblicher Sexualstörungen?

Entwickelt wurden die Wirkstoffe Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil und Yohimbin zur Behandlung von Erektionsstörungen bei Männern. Sie sind auch nur für Männer zugelassen. Es scheint möglich, dass die PDE 5-Inhibitoren (Sildenafil, Tadalafil, Vardenafil) auch bei Frauen im Klitoris-Bereich den gleichen Wirkmechanismus wie im Schwellkörper des Penis auslösen können, nämlich verbesserte Durchblutung und damit Anschwellen der Organe. Das kann zu einer Steigerung der sexuellen Erregungsfähigkeit führen. Die bisher an Frauen durchgeführten Studien zur Wirksamkeit von Sildenafil haben jedoch eine sehr kleine Fallzahl, so dass noch keine aussagekräftigen Ergebnisse vorliegen. Aus der praktischen Erfahrung ist aber zu vermuten, dass bei den meisten Sexualstörungen der Frauen die Einnahme eines der Medikamente gegen Erektionsstörungen bei Männern keine wirksame Lösung darstellt. Deshalb sollten Frauen vorerst keines dieser Medikamente einnehmen.

Sollte ich über die sexuellen Probleme mit meinem Partner sprechen?

Unbedingt. Schon das Sprichwort weiß, dass „geteiltes Leid, halbes Leid“ ist. Oft sorgt der Partner ganz unbewusst für eine Menge „Leistungsdruck“ in einer sexuellen Beziehung. Und dieser Druck, auch oft durch Sprachlosigkeit erzeugt, kann dann wieder zu einer Verstärkung vorhandener sexueller Probleme führen. So kann allein das Ansprechen eines solchen Problems schon eine ganze Menge Anspannung wegnehmen, manchmal sogar die sexuelle Beziehung völlig normalisieren. Da die Sexualität immer eine Sache ist, die zwei Menschen angeht, ist es oft hilfreich, wenn Ihr Partner Sie zum Arzt begleitet, falls Sie sich überlegen, eine Behandlung zu suchen. Es mag oft große Überwindung kosten, ein solches Problem anzusprechen – es nicht anzusprechen, ist jedoch fast in jedem Fall auf längere Sicht viel belastender für eine Beziehung.

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